Das Kleefeldgut war ursprünglich ein Gutsbetrieb des ehemaligen Bauerndorfes Bümpliz. Das Kulturland diente später, wie die meisten Güter der Umgebung, als Baugrund für die Grossüberbauungen der Nachkriegsjahre. Mitte der vierziger Jahre vollzog sich der bautypologische Wandel von der Reiheneinfamilienhaus-Siedlung zu der für diese Zeit typischen Bebauungsstruktur mit dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern mit Satteldach und Orientierung der Stirnfassade zur Strasse. Entsprechend dieser Typologie entstanden Ende der 50er Jahre die zwei Mehrfamilienhäuser an der Kleefeldstrasse 2-12. Erst eingebettet in ländlicher Umgebung, der Gutshof wurde noch bis 1967 bewirtschaftet, änderte sich der Kontext mit dem Bau der Kleefeldsiedlung radikal. Zwischen 1968-1972 entstanden hier 1194 neue Wohnungen in abgestuften Häusern von drei bis zu 17 Geschossen.

Die beiden identischen Wohnhäuser Kleefeldstrasse 2-6 und 8-12 mit jeweils drei Eingängen und acht Wohnungen pro Eingang wurden 1959 fertig gestellt. Die schlichten Zweckbauten mit schmucklosen Lochfassaden verfügen über gesamthaft 24 3½-Zimmer und 24 4½-Zimmer Wohnungen. Die Grundrisse sind äusserst effizient organisiert. Die Zimmer sind über die Wohnräume erschlossen, womit reine Verkehrsfläche vermieden wird. Küchen und Nassräume sind klein, aber funktional. Eine schmale eingezogene Loggia bietet auf minimalster Fläche privaten Aussenraum. Neben den Kellerabteilen dient der ungedämmte Estrichraum den Bewohnern als zusätzlicher Stauraum, der in den Wohnungen nicht vorhanden ist.

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Kleefeldstrasse 2019 CF089033
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Die Küchen und Bäder der beiden Mehrfamilienhäuser wurden im Jahre 2003 erneuert. Zeitgleich wurde eine kontrollierte Wohnungslüftung eingebaut. Das Lüftungsaggregat fand dabei im Estrich Platz. Bereits 1996 erfolgte der Einbau eines neuen Gaskessels zur Wärmeerzeugung. Die Wärmeabgabe in den Wohnungen erfolgte über eine Deckenheizung, bestehend aus in Beton eingelegten Stahlrohren.

Die Gebäudehülle aus dem Baujahr 1959 ist weitgehend intakt und weist keine Schäden auf. Der Estrichboden und die Kellerdecke wurden im Zuge der Sanierung von 2003 wärmegedämmt und entsprechen den heutigen Anforderungen. Die Holzfenster mit Doppelverglasung, jedoch ohne Dichtungen, und die Aussenwände ohne Dämmung entsprachen aber längst nicht mehr den heutigen Ansprüchen an Luftdichtigkeit und Wärmedämmung. Die tiefen Oberflächentemperaturen an den Aussenwänden beeinträchtigten die Behaglichkeit und Nutzbarkeit der Raumbereiche.

2017 erfolgte der Startschuss zur energetischen Sanierung der Bauten mit 48 Wohnungen. Diese sah primär den Ersatz der Fenster und das Dämmen der Fassade vor. Das Dach wurde neu eingedeckt und mit einem Unterdach versehen. Die südseitigen Dachflächen sind dabei vollflächig mit Photovoltaikpanelen belegt worden.

Bild Treppe
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Bauherrschaft und Architekt waren bestrebt im Zuge der Fassadensanierung auch eine Wohnwertverbesserung zu erzielen. Die kleinen eingezogenen Loggien entsprachen nicht mehr dem Bedürfnis nach privatem Aussenraum. Das Überprüfen verschiedener Varianten, wie individuelle Aussenflächen generiert werden können, führte schliesslich zu einer Lösung mit einer durchgehende Balkonschicht an den Südfassaden der Häuser. Die eingezogenen Loggias werden aufgehoben, die Fassade auf einer Flucht geschlossen. Das hinter der Loggia gelegene Zimmer rückt an die Fassade, der gewonnenen Innenraum dient als Reduit, und bietet den bis anhin fehlende Stauraum innerhalb der Wohnung. Die Balkonschicht ist von allen südseitigen Räumen aus begehbar. Dazu wurden die Fensterbrüstungen bodeneben ausgeschnitten.

Die Aussendämmung aus Steinwolle wird mit einem mineralischen hellgrau-braunen Kratzputz verputzt, eine raue Oberflächenstruktur, wie dies bereits die Bestandsfassade aufwies. Die Fensterleibungen und einen Rahmen um die Fensteröffnung werden mit einem weissen Glattstrich versehen, die kleinen Öffnungen damit optisch vergrössert. Die Holz-Metallfenster mit Dreifachverglasung sind innen weiss gestrichen, aussen in dunkelbraun. Die Fenster werden mit Lamellenstoren und Handkurbel ausgestattet.

Während die Nordfassade und die Schmalseiten in ihrem zurückhaltenden Ausdruck erhalten bleiben, erscheint die Südfassade mit einem neuen Gesicht. Die Balkonschicht schafft mit ihrer gezackten Aussenform verschiedene Balkontiefen für unterschiedliche Nutzungen: maximale Tiefen vor den Wohnräumen für Tisch und Bestuhlung, schmalere Bereiche vor den Schlafzimmern. Die bewegte Aussenform bricht die langen Gebäudevolumen. Schränke trennen die Aussenbereiche der einzelnen Wohnungen voneinander ab und sorgen für Privatsphäre. Die tiefen Metallstaketen des Geländers schaffen ein Spiel aus Durchsicht und geschlossenen Bereichen, je nach Blickpunkt. Die schlanken Staketen lassen dennoch viel Licht in die Raumtiefe gelangen. Jede Wohnung verfügt über eine Sonnenstore im Sitzplatzbereich. Die gestreiften Markisen in drei verschiedenen Farbtönen bilden einen farblichen Kontrast zu den erdigen Farbtönen der Fassade.

Die ursprüngliche Wärmeverteilung über eine Deckenheizung aus Stahlrohren lies keine Raumregulierung zu und war anfällig auf Korrosionsschäden. Der Einbau von neuen Heizkörpern wurde unumgänglich. Sämtliche Zimmer sind mit neuen Radiatoren ausgestattet, erschlossen durch vertikale Steigleitungen. Die Verteilung erfolgt an der Decke des Untergeschosses. Die Wärmeerzeugung wird hinsichtlich eines späteren Fernwärmenetzanschlusses vorläufig belassen.

Die gesamte Sanierung erfolgte in bewohntem Zustand. Für die Bewohner als auch für die Unternehmungen und die Bauleitung war dies gleichermassen eine Herausforderung. Mit einer exakten Vorbereitung und einer sinnvollen Etappierung konnte der Umbau mit der geringstmöglichen Beeinträchtigung und ohne Zwischenfälle vonstattengehen.

Die Architekten sind überzeugt, dass an der Kleefeldstrasse 2-12 mit effizientem Einsatz der Mittel eine wesentliche Wohnwertverbesserung erzielt werden konnte. Die energetische Sanierung wurde dabei als Chance genutzt, weitere räumliche Verbesserungen zu realisieren. Gerade in Bauten des unteren Mietsegments konnte so auch in sozialer Hinsicht eine Aufwertung und Komfortsteigerung erzielt werden. Ein Aspekt der neben ökonomischen und ökologischen Kriterien im gesamtheitlichen Nachhaltigkeitsmodell nicht vernachlässigt werden darf.

Fotografie Damian Poffet

Ansicht Sued
Grundriss
Situation
Ansicht Ost